Sonntag, 26. Juli 2009

über das andere

der dandy als egoist, als kämpfer für sich, gegen die anderen, gegen das establishment, ohne dieses auflösen zu wollen. grundsätzlich herrscht eine übereinkunft darüber, dass die form, das system, das richtige ist, seine ausführung, seine art gelebt, behandelt, gehandelt, vollbracht zu werden, zu wünschen übrig lässt. um in ihr zu existieren, sich nicht als ameise im kollektiv zu fühlen, bedarf es eines subversiven egosystems, einer taktik, sich als individuum, als microkosmos, im ganzen zu behaupten. auffallen. sich ausgrenzen und dabei einen fuß in der tür halten. so weit draußen zu sein, dass man das recht und die kompetenz zur kritik hat und trotzdem teil dessen bleibt. so konstituiert sich der dandy über seine erscheinung, dem kommentar zur wahrnehmung. das spiel mit der oberflächlichen sicht des anderen wird zum gegenstand der selbstbehauptung. konstituv für das subjekt ist dessen beziehung zum anderen. in der „kommunikation“ zum/mit/über den anderen formt sich das sein und die erscheinung. so ist beispielsweise der geschmack keine besonderheit des einzelnen sondern ergebnis der umwelt. diesen geschmack zu perfektionieren, d.h. ihn in zeichen auszudrücken und durch raffiniertes kombinieren mit elementen, die dem geschmack nicht direkt nahe liegen aber ästhetische nähe herstellen, also aus dem muster herausfallen und doch noch dazu gehören, im dazwischen verweilen, ist die qualität des dandys, das was ihn vom anderen unterscheidet und gleichzeitig an ihn annähert. das subjekt grenzt sich ab, indem es in der sprache des anderen kommuniziert und dieser kommunikation, durch dessen perfektion im gebrauch, seine andersheit, sein über den dingen stehen zeigt. zu behaupten, dass der dandy (subjekt) hierbei frei ist, also in freiheit, wäre vermessen. er bewegt sich freier als andere im beweglichen netz der gesetze, um somit da gefühl von freiheit zu erhalten und auch zu vermitteln. der umgang mit den gesetzen und den möglichen auswirkungen bleibt sein sportlicher antrieb. die zeichen zu nehmen, sie umzuformen, woanders aufzupfropfen und so „neue“ kontexte anzubieten ist hierbei eine beliebte vorgehensweise. das spiel mit der wahrnehmung von zeichen durch den anderen führt zu immer wieder kehrenden glücksgefühlen beim spieler. die scheinbare macht über den anderen, wird zur gewalt am anderen, ohne das dieser es unbedingt bemerkt.

Samstag, 25. Juli 2009

Über Stühle.

Avignon 2009

So sitzt man dahin.
Die Grundsituation, vielleicht die der 4. Wand, vielleicht die der zwei 4. Wände, scheint die sicht- und spürbare Verabredung mit dem alljährlichen Sich-Begegnens im Forum des französisch-internationalen Festivals, ebenso der Theatermesse, spektakulär OFF genannt, zu sein.

So sitzt man dahin.
Mindestens 1 mal täglich, auf beweglichen Tribünen, schwitzend, sich schwitzend einengend. Das Bild der Sardinen bedarf hier keiner Erwähnung. Die Knie im Gesicht, die Füße nach Außen gestreckt. Der Rücken schleppt den Kopf. Die Situation bleibt die Selbe. Ganz gleich in welchem Raum.

hinsetzen, position finden, erstarren und sich auf augen, ohren, kopf und was sonst noch da sein könnte konzentrieren.

sitzen. verweilen. empfangen.
Die Richtung des Blicks ist die Quelle des Geschehens.
Zur Seite geht nichts.

Werde ich wiederkommen?
Bringt mir ein Sofa!

So sitzt er dahin.
Unter seiner Körperlichkeit leidend fragt sich unser Protagonist ob er sich in Sachen Verausgabung mit den Kollegen auf der Bühne vergleichen gar messen kann. Die Frage erscheint in seinem Kopf. Dafür gibt es sofort eine Ohrfeige. Klares Nein.

Am Ende der Kräfte, auf dem letzten Fetzen Pomuskel sitzend wird die Zeit, ihr Gefühl, ihre Wahrnehmung, neu bestimmt, neu serviert. Der Körper schreit. Der Rest ignoriert ihn. Zeit hat man nicht. Zeit bekommt man.

Ein gutes Dutzend Schauspieler füllt den so vertraut erscheinenden Raum, der zugleich Innen und Außen, nur Außen oder nur Innen sein könnte. Wir sind dazwischen. Da wo man kaum sein aber stecken bleiben kann.

Körper kommen, gehen, verweilen, erkunden den Raum, seine Form, seinen Klang. Das was in ihm steckt.
Raum Macht Körper.
Körper Bestimmt Raum.
Beide füllen, erfüllen, erfühlen, bestimmen die Zeit. Die Krise scheint zum Stillstand geführt zu haben. Hier entsteht vielleicht etwas. Hier könnte etwas wachsen.

Dem Stuhl ist das egal. Er wehrt sich. Beschwert sich. Der Körper auf ihm lässt sich davon nicht mehr stören. Er wird zum Stärkeren. Zu dem mit dem längeren Atem. Gegenüber der Puls, der Rhythmus. Die neue/andere Zeit. Der Körper unterwirft sich ihr willig. Der Stuhl gibt sein Bestes, doch letztlich bleibt er Stuhl. Besessen und wieder verlassen.
auf ein neues.